Das hepatozelluläre Karzinom ist ein primärer maligner Leberzelltumor. Es entsteht in den meisten Fällen auf Grundlage einer Leberzirrhose oder einer chronischen Hepatitis.
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Das hepatozelluläre Karzinom (ICD-10 C22.0), abgekürzt HCC, ist eine bösartige Erkrankung der Leber, die sich direkt aus den Leberzellen entwickelt. Man spricht auch von primärem Leberkrebs. In der Regel geht einem hepatozellulären Karzinom eine chronische Leberzellschädigung voraus. Die Beschwerden sind meist unspezifisch und die Erkrankung wird häufig erst im späten Stadium diagnostiziert. Als kurative Heilmethode bleibt fast immer nur eine Leberresektion oder eine Lebertransplantation. Oft können lediglich palliative Maßnahmen das Leben der Patienten erleichtern. Sekundäre Lebertumoren als Streuung anderer Primärherde sind weitaus häufiger als primärer Leberzellkrebs. Meist handelt es sich um Metastasen von kolorektalen und anderen gastrointestinalen Karzinomen sowie Brust- oder Lungenkrebs. Sekundäre Lebermalignome unterscheiden sich in Behandlung und Verlauf von primären Lebertumoren. Der nachfolgende Text handelt nur von primären Leberzellkarzinomen.
Das hepatozelluläre Karzinom ist die sechsthäufigste maligne Tumorerkrankung weltweit. Im Jahr 2018 wurden mehr als 841.000 neue primäre Lebermalignome diagnostiziert, 782.000 Patienten erlebten einen letalen Verlauf [1].
Die Inzidenz in den einzelnen Ländern ist aufgrund der Risikofaktoren heterogen. Bis zu 80 Prozent der globalen Erkrankungsfälle finden sich in süd-ostasiatischen Regionen und Ländern des afrikanischen Kontinents südlich der Sahara. In Europa, den USA und Japan ist die HCC-Inzidenz zwar weitaus niedriger, allerdings wird auch hier seit Jahren eine kontinuierliche Zunahme verzeichnet. So hat sich die Inzidenz von Leberzellkrebs in den USA in den letzten vier Jahrzehnten verdreifacht. Dies ist auf chronische HCV-infektionsbedingte Leberzirrhosen sowie eine deutliche Zunahme nichtalkoholischer Fettlebererkrankungen (NAFLD) und nichtalkoholischer Fettleberhepatitiden (NASH) mit fortgeschrittener Fibrose oder Zirrhose zurückzuführen [1][2].
In Deutschland gibt es derzeit rund 9.000 HCC-Neudiagnosen pro Jahr, fast 8.000 Patienten überleben die Erkrankung nicht. 2017 wurden hierzulande 8.943 HCCs diagnostiziert (2.903 Frauen und 6.040 Männer), 7.910 Patienten (2.697 Frauen und 5.213 Männer) verstarben daran [3].
Männer erkranken durchschnittlich mit 71 Jahren, Frauen mit 74 Jahren. Insgesamt entwickelt einer von 88 Männern und eine von 190 Frauen in Deutschland im Laufe ihres Lebens einen bösartigen Lebertumor. Männer sind demnach zwei- bis dreimal häufiger von Leberkrebs betroffen als Frauen. 2017 lag die Erkrankungsrate an primärem Leberzellkarzinom bei Frauen bei 3,6 und bei Männern bei 9,4 je 100.000 Einwohner. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate wird bei Männern und Frauen mit rund 15 Prozent angegeben [3].
Die häufigsten Risikofaktoren für ein HCC in Deutschland sind derzeit eine chronische Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) und Alkoholabusus. Studien zufolge ist übermäßiger Alkoholkonsum bei Frauen für 15 Prozent und bei Männern für 35 Prozent der malignen Neuerkrankungen der Leber verantwortlich [2][3].
In den süd-ostasiatischen Gebieten und afrikanischen Ländern südlich der Sahara sind die hohen Fallzahlen vor allem auf chronische Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) und den Verzehr von Lebensmitteln, die das Schimmelpilzgift Aflatoxin B1 enthalten, zurückzuführen [1][3].
Die bedeutsamsten Risikofaktoren in der westlichen Welt sind chronische HCV-infektionsbedingte Leberzirrhosen sowie nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen (NAFLD) und nicht-alkoholische Fettleberhepatitiden (NASH) mit fortgeschrittener Fibrose oder Leberzirrhose. Letztere können Folge von Diabetes mellitus bzw. eines metabolischen Syn¬droms sein. Hier liegt häufig Adipositas zugrunde [2][3].
Weitere Risikofaktoren sind erblich bedingte Stoffwechselerkrankungen wie Hämochroma¬tose, Porphyrie oder Alpha-1-Anti¬trypsin-Mangel [3].
Prinzipiell weist jeder Patient mit einer Leberzirrhose – unabhängig von der zugrunde liegenden Ätiologie – ein erhöhtes HCC-Risiko auf. Das relative Risiko ist dabei ursachenabhängig verschieden. Kohortenstudien zeigen, dass etwa 1 bis 8 Prozent aller Patienten mit Zirrhose ein hepatozelluläres Karzinom entwickeln (2% bei HBV, 3–8% bei HCV) [2].
Jede hepatozelluläre Zirrhose ist grundsätzlich und unabhängig von der Ursache mit einem erhöhten HCC-Risiko assoziiert. Bei der Entstehung einer Leberzirrhose und somit auch von Leberkrebs werden folgende Ursachen unterschieden: [1][2] Toxisch:
Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass Mikrobiota ebenfalls eine Rolle bei der Karzinogenese spielen. Biomarker im Darmmikrobiom sollen sogar potenzielle nicht-invasive Instrumente für die Früherkennung eines HCC darstellen [5][6].
Leberkrebs entsteht in den meisten Fällen auf Grundlage einer Leberzirrhose. Während der Hepatokarzinogenese verändern sich Proliferation und Wachstum der Hepatozyten. DNA-Sequenzänderungen in Form von Mutationen beeinflussen die Resistenz der Zellen gegenüber Apoptose. So können veränderte Tumorzellen proliferieren, ohne dass sie durch das programmierte Suizidprogramm zugrunde gehen. Bei bis zu 50 Prozent aller hepatozellulären Karzinome finden sich Veränderungen des p53-Tumorsuppressorgens. In mehr als 60 Prozent ist ein Heterozygotie-Verlust in dem Gen nachweisbar, dass den Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 (IGFR2) kodiert. Infolge sinkt der proliferationshemmende Effekt dieses Rezeptors, was zu einer Überexpression von IGF2 und einer Hyperproliferation der Tumorzellen führt. In 80 Prozent der Fälle sind noch weitere, die Zellproliferation inhibierende Regulatormechanismen fehlerhaft. Eine davon ist der Retinoblastom-(Rb)-Signalweg. Daraus resultiert eine Überexpression des Onkoproteins Gankyrin, welches das Tumorsuppressor-Protein Rb-Protein und das Tumorsuppressorgen p53 inhibiert. Andere molekulare Veränderungen betreffen die replikative Zellalterung und somit das Seneszenz-Programm. Je kürzer die Telomere bei jeder Zellteilung werden, umso ungeschützter ist die chromosomale DNA. Darüber hinaus finden sich mutierte Onkogen- (MYC, PI3K/Akt, PTEN) und Entwicklungs-Signalwege (Wnt, Hedgehog, MET). Die molekularen Veränderungen bei HCC sind nicht immer gleich; vielmehr richten sie sich nach der zugrunde liegenden Lebererkrankung [7].
Das hepatozelluläre Karzinom zeigt drei Wachstumsmuster: [8]
Leberzellkarzinome wachsen oft und rasch in umliegende Blutgefäße ein, beispielsweise in die Venae portae oder Vena cava inferior. Zudem bildet das HCC häufig Metastasen, insbesondere in den regionalen Lymphknoten sowie in Nebennieren, Lunge und Skelettsystem.
Abhängig von der Zytologie und Zytoarchitektur unterscheidet man Leberzellkarzinome nach folgenden histopathologischen Besonderheiten: [9]
Zu Beginn verursacht Leberkrebs meist keine Beschwerden. Wird das hepatozelluläre Karzinom symptomatisch, sind die Beschwerden oft unspezifisch und der Tumor ist bereits im fortgeschrittenen Stadium.
Auf ein HCC können folgende Symptome hinweisen:
Der Verdacht auf Leberkrebs wird anhand der Anamnese, Klinik und körperlichen Untersuchung gestellt. Darauf folgen Blut- und Urinanalysen. Ein Tumormarker zur Früherkennung und späteren Verlaufskontrolle von hepatozellulärem Karzinom ist das Alpha-Fetoprotein (AFP). Des Weiteren werden alle Leberfunktionsparameter ermittelt.
Die Bestimmung von Art und Ausbreitung des Tumors erfolgt mittels bildgebender Verfahren (mit und ohne Kontrastmittel). Dazu gehören: [2]
Das hepatozelluläre Karzinom wird üblicherweise nach dem TNM-Schema und der UICC-Stadieneinteilung klassifiziert. Das Grading erfolgt international nach dem WHO-System und dem Grading nach Edmondson und Steiner. Therapieregime und prognostische Vorhersagen richten sich vor allem nach der Barcelona-Klassifikation (BCLC).
Bei der TNM-Klassifikation stehen die Buchstaben T für Tumor, N für Lymphknoten und M für Metastasen bzw. Fernmetastasen. Es ergibt sich folgende Einstufung: [9]
TX: Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0: keine Anzeichen für einen Primärtumor T1: primärer Solitärtumor ohne Gefäßinvasion T2: primärer Solitärtumor mit Gefäßinvasion (Infiltration ins Lebervenen- und/oder Pfortadersystem) oder multiple Primärtumoren (alle jeweils < 5 cm in größter Ausdehnung) T3a: multiple Primärtumoren > 5 cm, jedoch ohne Gefäßinvasion T3b: Solitärtumor oder multiple Tumoren > 5 cm mit Gefäßinvasion T4: Tumorgewebe wächst übergreifend in extrahepatisches Gewebe (Gallenblase ausgenommen) oder perforiert in das viszerale Peritoneum
NX: lokoregionäre Lymphknoten N0: lokoregionäre Lymphknoten sind frei von Tumorzellen N1: Befall der lokoregionären Lymphknoten
MX: Fernmetastasen nicht beurteilbar M0: keine Fernmetastasen M1: Fernmetastasen nachweisbar (unabhängig der Lokalisation)
Das Staging von Leberzellkarzinomen wird international nach der Einteilung der Union Internationale Contre le Cancer festgelegt. Die UICC-Klassifikation basiert auf TNM-Befunden: [10]
Histopathologisch wird beim Leberzellkarzinom weltweit das WHO-System nach Hamilton und Aaltonen (2000) herangezogen: [11]
Das Grading nach Edmondson und Steiner (1954) findet ebenfalls weltweite Anwendung: [11]
Die Barcelona-Klassifikation beinhaltet neben der Tumorgröße den Allgemeinzustand des Patienten nach dem Performance-Status (PS) und die Leberfunktion anhand des CHILD-Scores. Danach richtet sich die stadiengerechte Behandlung und Prognose des HCC. Der Allgemein- bzw. Performance-Status wurde von der WHO und der ECOG (Eastern Cooperative Oncology Group) festgelegt: [12]
Die BCLC-Stadien sind folgendermaßen definiert: [13]
Ohne Gefäßinvasion und ohne Fernmetastasen stehen beim HCC (BCLC-Stadien A und B) drei kurative Therapieverfahren zur Verfügung:
Das individuelle Therapieregime hängt von Größe, Lage und Anzahl der Tumoren, der Leberrestfunktion, dem Allgemeinzustand und ggf. begleitender Komorbiditäten ab. Die Entscheidung für eine optimale Behandlungsstrategie soll im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz unter der Berücksichtigung operativer, lokal- ablativer und systemtherapeutischer Möglichkeiten getroffen werden. Neben einem in der interventionellen Onkologie erfahrenen Radiologen und einem in der hepatobiliären Chirurgie erfahrenen Chirurgen ist die Anwesenheit von Hepato-/Onkologen, Pathologen und Radioonkologen ratsam [2].
Das hepatozelluläre Karzinom spricht nur schlecht bis gar nicht auf herkömmliche Zytostatika an. Deshalb wird bei hepatozellulären Karzinomen therapeutisch auf eine stadienabhängige chirurgische Intervention gesetzt.
Liegt dem Leberzellkarzinom keine Leberzirrhose zugrunde, ist die operative Resektion die Therapie der Wahl. Kann das Tumorgewebe mit ausreichend Sicherheitsabstand im Gesunden komplett reseziert werden, ist ein kurativer Therapieerfolg wahrscheinlich – allerdings sind die Rezidivraten nach solchen Eingriffen recht hoch. So treten bei allen Therapieformen (mit Ausnahme der Lebertransplantation) selbst in frühen Tumorstadien innerhalb von fünf Jahren in bis zu 80 Prozent der Fälle Rezidive oder Zweittumore auf [14][15].
Vor einer Operation sollte generell die Leberfunktion interdisziplinär geprüft und das Risiko einer postoperativen Leberinsuffizienz in Betracht gezogen werden. Bei einer Leberzirrhose verbleibt nach einer potentiell kurativen Tumorresektion oft nicht genügend funktionierendes Restgewebe, um die Leberfunktion aufrecht zu erhalten.
Ein im Frühstadium diagnostiziertes hepatozelluläres Karzinom kann unter Umständen auch bei begleitender Leberzirrhose chirurgisch behandelt werden. Bei einigen Patienten ist eine anschließende Lebertransplantation eine geeignete Option. So wird nicht nur der Tumor, sondern auch die Leberzirrhose beseitigt [2].
Patienten mit einem kurativ behandelbaren hepatozellulären Karzinom sollten in einem Lebertransplantationszentrum vorgestellt werden. Eine Lebertransplantation ist jedoch nur indiziert, solange noch keine extrahepatische Manifestation (cN0M0) und keine makrovaskuläre Invasion der Lebergefäße (cV0) vorhanden sind [2].
Im Stadium BCLC A sind die Rezidivraten nach Transplantation mit etwa 10 bis 12 Prozent niedrig. Daraus resultieren im Langzeitverlauf (bei adäquater Patientenselektion) die besten Überlebensraten. Die Transplantation ist somit die effektivste der verfügbaren Therapieoptionen [2].
Die genaue Indikationsstellung einer Lebertransplantation basiert auf den Mailand-Kriterien. So muss beispielsweise der singuläre HCC-Herd kleiner als 5 cm sein. Anderenfalls dürfen maximal drei HCC-Herde vorliegen, die im Durchmesser an der stärksten Ausdehnung nicht größer als 3 cm messen. Um die Mailand-Kriterien zu erreichen, kann vor einem Transplantationsvorhaben versucht werden, den Tumor zu verkleinern. Ein solches Downstaging erfolgt in der Regel mittels Lokalablation (RFA), einer Leberresektion oder einem transarteriellen Verfahren (TACE, TARE) [16][17].
Kommt eine Transplantation nicht infrage, muss geprüft werden, ob das Karzinom überhaupt operativ entfernt werden kann. Dies hängt von der Tumorgröße, dessen Lage, der Leberfunktion, dem Vorliegen einer portalen Hypertension und dem Allgemeinzustand des Patienten ab.
Neben der Methode zum Downstaging eignen sich interventionelle Verfahren auch als palliative Maßnahmen, um die Lebenssituation der Patienten zu verbessern.
Die transarterielle Chemoembolisation (TACE) bzw. die transarterielle Embolisation (TAE) und die transarterielle Chemoperfusion (TAC) sind lokale Behandlungsverfahren, bei denen die Prinzipien der Embolisation und der Chemotherapie kombiniert werden. Nach lokalanästhetischer Versorgung führt man einen Katheter von der Leiste aus bis zur tumorversorgenden Arteria hepatica. Anschließend wird eine Chemotherapeutikum-Lipiodol-Emulsion injiziert, die von den Tumorzellen retiniert wird. Zusätzlich kommt es zu einer passageren Gefäßokklusion. Der Haupteffekt der TACE scheint auf der Tumorembolisation zu beruhen.
Darüber hinaus ist es möglich, sogenannte „drug-eluting beads“ (DEB) zu applizieren. Die nicht-resorbierbaren Hydrogelsphären, die mit Chemotherapeutika (Mitomycin, Doxorubicin oder Epirubicin) beladen werden können, ermöglichen eine verzögerte Freisetzung des Chemotherapeutikums. Dadurch wird die intratumorale Konzentration des Zytostatikums bei gleichzeitiger Okklusion der Tumorgefäße erhöht. Die konventionelle TACE und Drug-eluting-TACE können als gleichwertige Verfahren betrachtet werden.
Zudem kann die TACE mit einer medikamentösen Behandlung (Sorafenib) oder mit anderen lokal-ablativen Methoden (z. B. RFA) kombiniert werden.
Die Chemoembolisation wird vorwiegend zur Therapie von multifokalen Tumorherden eingesetzt, die weder operativ noch lokal-ablativ entfernt werden können und in den bildgebenden Verfahren keine Gefäßinvasion und keine Fernmetastasen zeigen. Die Chemo-Embolisation verzögert das Tumorwachstum und verbessert das Überleben. Die TACE sollte so lange wiederholt werden, wie Patienten darauf ansprechen und behandelbare hypervaskularisierte Tumoranteile verbleiben.
Die Methode eignet sich nur für Patienten mit ausreichend erhaltener Leberfunktion [2].
Die transarterielle Radioembolisation (TARE) bzw. selektive interne Radiotherapie (SIRT) kann nach Beschluss des Tumorboards bei Patienten mit erhaltener Leberfunktion im intermediären HCC-Stadium anstelle einer TACE eingesetzt werden [2].
Bei dieser lokalen transvaskulären Bestrahlungsbehandlung werden winzige, mit einer radioaktiven Substanz (mit sehr kurzer Reichweite) beladene Kügelchen direkt in die Gefäße eingebracht, die den Lebertumor versorgen. Ein sogenannter ß-Strahler (in Mikrosphären verkapseltes 90-Yttrium) wird mittels Katheter über die Leiste in die Arteria hepatica propria und deren Aufzweigungen gespritzt. So sind die malignen Zellen einer hohen lokalen Strahlendosis ausgesetzt und die den Tumor versorgenden Gefäße verschlossen. Die Radioaktivität muss dabei punktgenau appliziert werden. Ein Abströmen der radioaktiven Mikrosphären in andere abdominale Blutgefäße würde erhebliche Nebenwirkungen verursachen [18].
Bei der Radiofrequenzablation (= Radiofrequenz-induzierte Thermotherapie/Thermoablation: RFA, RFTA, RITA) werden Elektroden über einen Ablationskatheter in das Tumorgewebe eingebracht. Mittels gepulster Abgabe von Hochfrequenzstrom wird das Malignom auf über 100°C erhitzt. Infolge einer Hitzenekrose werden die malignen Zellen abgetötet. Die RFA erfolgt unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle. Die Methode eignet sich für Tumore zwischen 3 bis 5 cm Durchmesser. Sehr gute Erfolgsaussichten bestehen vor allem bei weniger als vier Tumorherden > als 3 cm [18].
Bei Tumoren von 3 bis 5 cm Durchmesser kann die RFA auch in Kombination mit der TACE/TAE eingesetzt werden. Dann wird der Tumor zunächst durch die (Chemo-) Embolisation markiert und verkleinert und die verbleibenden Tumorzellen anschließend mittels RFA zerstört [18].
Lange Zeit hatte sich die Radiofrequenzablation als einzige Standardmethode der perkutanen Lokalablation etabliert. Aufgrund neuer Untersuchungen stuft die aktuelle Leitlinie mittlerweile die Mikrowellenablation (MWA) als gleichwertig ein [2].
Bei der Mikrowellenablation (MWA) können im Vergleich zur RFA höhere Temperaturen (bis zu 160°C) erzeugt werden. Daher eignet sich das Verfahren bei HCC-Herden, die dicht an großen, gut durchbluteten Gefäßen (Pfortader, Lebervenenstern) liegen [18].
Die Ablation mit hochintensiv-fokussiertem Ultraschall bzw. High-Intensity-Focused-Ultrasound (HIFU) ermöglicht eine gezielte und schonende Zerstörung von malignen Tumorzellen. Dabei werden gebündelte Ultraschallwellen auf das Tumorgewebe aufgebracht. Infolge steigt die Temperatur im Tumorareal auf bis zu 80 Grad Celsius an, wodurch die malignen Zellen zerstört werden. Die HIFU ist insbesondere für kleine HCC-Herde (unter 2–3 cm) geeignet. Bislang gibt es hierzulande aber nur sehr wenige Zentren, die eine HIFU anbieten [18].
Hinweis: In der aktuellen Leitlinie ist das Verfahren noch nicht aufgeführt [2].
Eine relativ neuartige, minimal invasive Technik ist die irreversible Elektroporation (IRE) bzw. Non-Thermal Irreversible Elektroporation (NTIRE). Bei diesem nicht-thermischen Ablationsverfahren zerstören starke, örtlich begrenzte kurz-gepulste elektrische Felder gezielt die Tumorzellen. Genauer werden die Phospho-Dilipidschichten der Zellmembran durch nano-große Poren geschädigt. Ab einer gewissen Schädigung sind die Tumorzellen nicht mehr lebensfähig und werden durch Apoptose eliminiert. IRE schädigt weder Blutgefäße noch andere Strukturen dauerhaft. Deshalb ist dieses Verfahren insbesondere für kompliziert gelegene HCC geeignet. Der Einsatz der IRE ist derzeit ebenfalls nur auf wenige Zentren beschränkt [18].
Die IRE bietet durch den geringen thermischen Effekt einen potenziellen Vorteil für die Therapie von HCC nah zu den Gallenwegen – im Moment fehlen allerdings noch Studien mit suffizienter Patientenzahl oder langen Überlebensdaten [2].
Die irreversible Elektroporation sollte gemäß der derzeit gültigen Leitlinie aufgrund der geringen Anzahl klinischer Studien nicht zur Therapie von hepatozellulären Karzinomen genutzt werden, die für eine Resektion oder Thermoablation mit RFA/MWA geeignet sind. Die lokale Rezidivrate nach IRE ist für HCC > 2,5 cm deutlich höher als nach Behandlung mit RFA, MWA oder Resektion [2].
Bei der Laser-induzierten Thermotherapie (LITT) wird Laserlicht mit einer Wellenlänge von 1064 nm über einen im Tumorgewebe platzierten Laser-Applikator mittels Glasfaser auf die malignen Zellen geleitet. Diese werden unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle direkt erhitzt und zerstört. Bei der Hochfrequenz-induzierten Thermotherapie (HITT) kommen statt Laserstrahlen hochfrequente Elektrostrahlen zum Einsatz. Diese erzeugen im Tumorgewebe eine Widerstandswärme von 70 bis 100 Grad Celsius. Wie bei der LITT werden die Krebszellen zerstört [18].
Aufgrund einer nur sehr geringen Anzahl klinischer Studien soll die Laser-Ablation nicht zur Therapie von HCCs genutzt werden, die für eine Resektion oder Thermoablation mit RFA/MWA infrage kommen [2].
Die perkutane Ethanolinjektion ist das älteste klinisch eingesetzte perkutane Therapieverfahren beim HCC. Bei dieser Methode wird unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle 95%iger Alkohol in den Tumor eingebracht. Das tötet den Tumor ab, ohne dass umliegendes gesundes Lebergewebe zu schädigen. Gemäß der neuen Leitlinie wird die PEI nicht mehr empfohlen, da Untersuchungen eine deutliche Überlegenheit der RFA belegen [2].
Eine Hochpräzisionsradiotherapie (Stereotactic Body Radiotherapy; SBRT) kann in Betracht gezogen werden, wenn alternative Therapieverfahren nicht möglich sind ¬– zum Beispiel bei hoher Wahrscheinlichkeit für ein Therapieversagen, eingeschränkter Leberfunktion oder technischen Hindernissen [2].
Bei der Mehrzahl der Patienten ist zum Zeitpunkt der Diagnose das hepatozelluläre Karzinom bereits so weit fortgeschritten, dass eine Operation oder lokale Zerstörung des Tumors nicht mehr möglich ist. Auch eine systemische Chemotherapie ist bei den meisten HCC-Patienten wenig erfolgversprechend. Hier greifen zielgerichtete medikamentöse Therapien.
Zum Zeitpunkt der letzten Leitlinie konnte nur Sorafenib evidenzbasiert empfohlen werden. Mittlerweile gibt es in der Behandlung des fortgeschrittenen Leberkarzinoms weitere Wirksamkeitsnachweise.
Eine Erstlinien-Therapie mit der Kombination der Antikörper Atezolizumab gegen PD-L1 und Bevacizumab gegen VEGF (A+B) soll gemäß der aktuellen Leitlinie angeboten werden bei HCC-Patienten:
Liegt eine Kontraindikation für A+B vor, stellt die Erstlinientherapie mit einem der beiden Tyrosinkinase-Inhibitoren Sorafenib oder Lenvatinib eine Alternative dar [2].
Bei Versagen, Unverträglichkeit oder Kontraindikationen der Erstlinientherapie von Atezolizumab und Bevacizumab soll eine Therapie mit einem zugelassenen Tyrosinkinaseinhibitor angeboten werden bei HCC-Patienten:
Bei HCC-Patienten mit einer Tumorprogression unter Sorafenib im Child-Pugh-Stadium A und ECOG 0–1 stehen die beiden Tyrosinkinaseinhibitoren Regorafenib und Cabozantinib oder bei einem Alpha-Fetoprotein-Wert von ≥ 400 ng/ml der VEGFR2-Antikörper Ramucirumab zur Verfügung.
Bei Therapieversagen mit Lenvatinib ist eine weitere tumorspezifische Therapie möglich. Bestimmte Empfehlungen können aufgrund der derzeit noch unzureichenden Datenlage nicht gegeben werden. Prinzipiell kommen alle Substanzen infrage, die in einer Phase-III-Studie als wirksam getestet wurden. Nach dem aktuellen Status der Zulassungen in Deutschland ist eine Behandlung mit Sorafenib nach Lenvatinib als „in-label“ Therapie anzusehen. Die weiteren zugelassenen Wirkstoffe Cabozantinib, Ramucirumab und Regorafenib sind laut Zulassungstext nach einer Behandlung mit Sorafenib indiziert [2].
Hinweis: Nachdem nun mehrere unterschiedliche medikamentöse Tumortherapien für das Leberzellkarzinom möglich sind, sollte die Behandlung mit einer bestimmten Substanz nicht über einen radiologischen Progress hinaus fortgesetzt werden. Gleichzeitig ist die Toxizität der Therapie engmaschig zu überwachen.
Für einzelne Immuntherapie-naive HCC-Patienten mit erhaltener Leberfunktion (im Stadium Child-Pugh A), mit Fernmetastasen oder einer Tumorlokalisation, die lokoregionär nicht kontrolliert oder reseziert werden kann und für die keine zugelassene Therapie mehr zur Verfügung steht, kann entweder eine Immun- Monotherapie mit den anti-PD-1-Antikörpern Nivolumab oder Pembrolizumab oder eine Kombinationstherapie mit Nivolumab und dem CTLA-4 Antikörper Ipilimumab angeboten werden [2].
Hinweis: Nivolumab und Pembrolizumab sind bislang lediglich in den USA für die Behandlung des HCC nach Vorbehandlung mit Sorafenib zugelassen.
Für einzelne HCC-Patienten im Child-Pugh-Stadium B (bis 8 Punkte), mit Fernmetastasen oder einer Tumorlokalisation, die lokoregionär nicht kontrolliert oder reseziert werden kann und mit einem ECOG-Status von 0–1, kann eine Systemtherapie mit Sorafenib oder eine Immuntherapie mit einem anti-PD-1-Antikörper angeboten werden.
Bei HCC-Patienten im Stadium Child-Pugh C wird keine Systemtherapie empfohlen [2].
Die Prognose beim hepatozellulären Karzinom hängt vom Stadium der Krebserkrankung, der restständigen Leberfunktion und dem körperlichen Leistungszustand des Patienten ab. Insgesamt liegt das relative 5-Jahres-Überleben bei Männern und Frauen um 15 Prozent. Nur bei bösartigen Tumoren der Bauchspeicheldrüse ist die Prognose noch ungünstiger [3].
Bei Tumoren im Stadium I (einzelner Tumor, ohne Blutgefäß- oder Lymphknotenbefall und ohne Fernmetastasen) liegt das relative 5-Jahres-Überleben bei 62 Prozent (Frauen) und 54 Prozent (Männer). Im Stadium IV (Lymphknotenbefall bzw. Fernmetastasen) überleben hingegen nur noch 2 Prozent die nächsten fünf Jahre [3].
Seit 1999 sind die altersstandardisierten Erkrankungs- und Sterberaten bei beiden Geschlechtern leicht angestiegen. In den letzten fünf Jahren ist dieser Anstieg nicht mehr zu verzeichnen, bei Männern lässt sich sogar ein Rückgang erkennen. Die Erkrankungs- und Sterberaten in den nordwestlichen Bundesländern liegen etwas niedriger als im übrigen Bundesgebiet [3].
Ferner korreliert die Prognose mit der maximalen Tumorgröße, der Anzahl der Tumorknoten und der zugrundeliegenden Erkrankung. So haben Patienten mit einem HCC, verursacht durch eine Alkohol-induzierte Leberzirrhose, nach kurativer Resektion eine schlechtere Prognose als zum Beispiel Patienten mit einem HCC aufgrund einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung [2].
Es gibt keine sichere Prophylaxe, um ein hepatozelluläres Karzinom zu verhindern. Eine HCV-Impfung gibt es bis heute nicht. Diätetische Modifikationen liefern in Studien widersprüchliche Ergebnisse für ihre schützende Wirkung gegenüber der Entwicklung eines Leberzellkarzinoms [1].
Man kann jedoch etliche Faktoren beeinflussen und so das Risiko für Leberzellkarzinome senken. Dazu gehören: [2]
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Cabometyx kann nach Ansicht des CHMP der EMA auch in Kombination mit Nivolumab für die Erstlinien-Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms angewendet werden.
Nicht alkoholbedingte Fettlebererkrankungen treiben bei uns die Leberkrebs-Inzidenz in die Höhe.
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